MAINZ. Die Hirnanhangdrüse, die sogenannte Hypophyse, ist die Hauptdrüse des menschlichen Körpers und hat einen großen Einfluss auf vielfältige körperliche Prozesse. Sie stellt selbst viele Hormone her, die wiederum andere Organe des Körpers dazu anregen, Hormone herzustellen. Kein Wunder also, dass sich Erkrankungen an der Hypophyse in vielen Bereichen und Funktionen auswirken können. Die Hirnanhangdrüse sendet ihre Botenstoffe über das Blut zu anderen Körperteilen, wo sie bestimmte Reaktionen auslösen. Um welche Botenstoffe handelt es sich dabei und was bewirken sie im menschlichen Körper? Antworten von Endokrinologe Prof. Dr. med. Christian Wüster aus Mainz.
Eine Frau bringt ein Kind zur Welt. Ihre Hirnanhangdrüse sondert das Hormon Prolaktin ab und löst damit nach der Geburt die Milchproduktion in der weiblichen Brust aus, damit die Mutter ihr Kind stillen kann. Zudem beeinflusst das Hormon die Konzentration von Geschlechtshormonen aus den Eierstöcken bzw. den Hoden. Das Wachstumshormon dieses Organs lässt den Körper in jungen Jahren wachsen und sorgt bei älteren Menschen für das ausgewogene Verhältnis zwischen Fett und Muskulatur. Das Hormon ACTH stimuliert die Produktion von Cortisol in der Nebenniere – ein Hormon, das unser Überleben in Stresssituationen sichert sowie den Blutdruck und den Blutzucker reguliert.
Weitere Hormone steuern die Produktion von Östrogen, beeinflussen den Eisprung der Frau und die Spermienproduktion beim Mann, die Schilddrüsenfunktion und nehmen regulierend Einfluss auf den Wasserhaushalt.
Es liegt also nahe, dass sich Erkrankungen der Hirnanhangdrüse ganz dramatisch auf den Körper auswirken können. Zu den häufigsten Krankheiten an diesem Organ, das nicht Teil des Gehirns ist, sondern wie der Name schon sagt, am Gehirn dranhängt, zählt der Hypophysentumor. Er kann sich durch eine Raumforderung auf die Funktion der Drüse auswirken oder eine Über- oder Unterfunktion auslösen. Auch Sehstörungen bis hin zur Erblindung sind gefürchtete Komplikationen von Hypophysentumoren. Um diese Art eines gutartigen Tumors zu behandeln, arbeitet Prof. Dr. med. Christian Wüster mit einem interdisziplinären Team aus Neurochirurgen und Neuroradiologen. Manche Tumoren lassen sich auch ohne Operation nur mit Medikamenten entfernen. Eher selten ist die Hirnanhangdrüse durch eine sogenannte Langerhanszell-Histiozytose, eine Erkrankung des blutbildenden Systems betroffen. Sie beeinflusst massiv den Wasserhaushalt, wenn sie die Hypophyse befällt und wirkt sich in einem sogenannten Diabetes insipidus aus. Patienten mit dieser Erkrankung leiden an nicht zu stillendem Durst.
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