KOBLENZ. Dick, aber gesund? Nach Auffassung von Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christian Wüster, Endokrinologe und Stoffwechsel Experte, ist das ein Mythos, der sich in der Praxis fast nie bewahrheitet. „Fast alle krankhaft Übergewichtigen leiden unter bestimmten Folgeerscheinungen wie Bluthochdruck, Gelenksschmerzen, Schlafapnoe oder Diabetes“, bestätigt der Facharzt, der in seinem Hormon- und Stoffwechselzentrum auch Adipositas-Patienten aus der Region Koblenz betreut. Wie verbreitet das Problem ist, zeigt ein Blick in die Statistik: 21 Prozent der Erwachsenen in Deutschland gelten als adipös. Unter Kindern und Jugendlichen sind rund 15 Prozent übergewichtig.
Sehr häufig geht mit Adipositas ein sogenanntes metabolisches Syndrom einher. Facharzt Prof. Dr. Wüster erklärt: „Das ist eine Kombination von bestimmten Problemen und Risikofaktoren wie Bluthochdruck, erhöhter Blutzuckerspiegel oder Störungen des Fettstoffwechsels.“ Patienten mit einem metabolischen Syndrom gelten als Risikogruppe für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkte.
Das senkt die Lebensqualität und verringert die Lebenserwartung. Studien zufolge weisen 88 Prozent aller Adipösen Anzeichen eines metabolischen Syndroms auf. „Wer im Moment noch keine Beschwerden hat, kann sie im Laufe des Lebens entwickeln“, warnt Endokrinologe Prof. Dr. Wüster.
Ab wann sollten Übergewichtige nun aus medizinischer Sicht abnehmen? Nach der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Adipositas ist eine Gewichtsabnahme ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 kg / m2 angezeigt. Bei einem BMI zwischen 25 und 29,9 kg / m2 besteht nur dann Handlungsbedarf, wenn Betroffene zugleich unter anderen Gesundheitsproblemen wie Diabetes leiden, die durch das Übergewicht ausgelöst oder verschlimmert werden. Doch jeder Patient muss individuell beurteilt werden: „Krebspatienten verlieren unter Umständen zu viel Muskelmasse, wenn sie abnehmen. Auch im fortgeschrittenen Lebensalter ist der Nutzen einer Gewichtsreduktion fraglich, denn kleine Reserven können die Lebenserwartung von Hochbetagten sogar erhöhen“, gibt Facharzt Prof. Dr. Wüster zu bedenken.