FRANKFURT. Mindestens 21 Prozent aller Erwachsenen in Deutschland gelten als krankhaft übergewichtig (adipös). Das bedeutet, ihr Body-Mass-Index (BMI) ist höher als 30 kg / m2. Adipositas gilt erwiesenermaßen als Risikofaktor für Folgeerkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, chronische Gelenksschmerzen oder Schlafapnoe. „Darüber hinaus legen aktuelle Forschungen nahe, dass das Übergewicht auch Einfluss auf die Gehirnfunktion haben könnte“, beschreibt Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christian Wüster, Endokrinologe für die Region Frankfurt, eine weitere mögliche Komplikation bei Adipositas.
Wissenschaftler der Universitätsklinik Leiden / Niederlande sind der Frage nach dem Zusammenhang von Körpergewicht und Gehirnfunktion in einer breit angelegten Studie(1) nachgegangen. Sie erhoben dazu Daten von mehr als 12.000 Personen mit einem durchschnittlichen Alter von 62 Jahren. 43 Prozent der Probanden waren übergewichtig, 18 Prozent litten unter krankhaftem Übergewicht (Adipositas). Um möglichen kognitiven Auswirkungen des Körpergewichts auf die Spur zu kommen, untersuchten die Forscher das Gehirn der Teilnehmer mittels Magnetresonanztomographie. Das Ergebnis: Bei den adipösen Personen war die subkortikale graue Substanz im Gehirn signifikant reduziert, wobei jedoch Geschlechtsunterschiede bestanden.
Bei Männern war die gesamte subkortikale graue Masse mit Ausnahme des Mandelkerns (Amygdala) betroffen, bei Frauen nur die graue Substanz im Globus pallidus. Bei beiden Geschlechtern konnten die Forscher außerdem Veränderungen der Mikrostruktur der weißen Substanz nachweisen.
Bedeutet das, dass Übergewicht tatsächlich zu Hirnveränderungen führt? Facharzt Prof. Dr. Wüster relativiert: „Unklar bleibt bei dieser Studie, ob die ermittelten Auffälligkeiten bei Adipösen wirklich ursächlich auf das Übergewicht zurückzuführen sind. Das müsste man mithilfe weiterer Forschungen klären.“ Was jedoch außer Frage steht, sind die negativen Auswirkungen eines zu hohen Körpergewichts auf das Herz-Kreislauf-System und das Skelett. „Übergewicht kann aufgrund diverser Folgeerkrankungen zu einer verringerten Lebenserwartung führen“, warnt der Experte. Im Hormon- und Stoffwechselzentrum von Prof. Dr. Wüster erhalten Adipositas Kranke auch aus Frankfurt, die sich um ihren Gesundheitszustand sorgen, eine umfassende medizinische Betreuung.
(1) Dekkers IA et al. Radiology 2019; 291: 763-771.
Hier ein Filmbeitrag von Prof. Wüster zum Thema.