MAINZ. Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Vitamin D Versorgung und dem Risiko, einen schweren Verlauf von Covid-19 zu entwickeln? Endokrinologe Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christian Wüster vom Hormon- und Stoffwechselzentrum in Mainz verweist dazu auf eine aktuelle Studie (1) der Universität Hohenheim, die eine entsprechende Korrelation herstellt. Danach haben Patienten mit Diabetes, Herz-Kreislauf Erkrankungen, Adipositas und Bluthochdruck ein erhöhtes Risiko für schwere Verläufe. „All diesen Erkrankungen gemeinsam ist ein niedriger Vitamin D Spiegel“, betont Prof. Wüster, der in seiner Facharztpraxis Patienten aus einem großen Einzugsgebiet von Bitburg bis Darmstadt behandelt. Auch ältere Menschen weisen nach Einschätzung des Facharztes häufig einen niedrigen Vitamin D Spiegel auf. Der Vitamin D Spiegel steht auch im Rahmen der Behandlung von Osteoporose im Fokus.
Der aktuellen Studie zufolge könnte ein Vitamin D Defizit den Schweregrad und die Sterblichkeit bei COVID-19 beeinflussen. Das Vitamin spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Immunsystems und bei Entzündungen im Körper. Vor diesem Hintergrund empfiehlt Prof. Christian Wüster im Falle einer Erkrankung den Vitamin D Spiegel eines Erkrankten zu prüfen. Damit könnten Hinweise auf einen denkbaren Verlauf der Erkrankung verbunden sein. Aus seinem Praxisalltag weiß Prof. Wüster, dass vor allem ältere, eher immobile Menschen einen niedrigen Vitamin D Spiegel aufweisen.
Vitamin D wird über Sonnenlicht auf der Haut gebildet. Der Vitamin D Spiegel sinkt gerade in den Wintermonaten, wenn die Sonne weniger scheint und die Aktivitäten im Freien zurückgehen – nach Einschätzung des Endokrinologen ist das vor allem für ältere Menschen ein Problem.
Welche Prozesse werden hinter dem Zusammenhang zwischen Vitamin D Mangel und schweren COVID 19 Prozessen vermutet? Vitamin D hält pro- und anti- entzündliche Prozesse im Körper im Gleichgewicht. Nach Darstellung der Studienautoren kommt es bei einer Infektion mit dem Corona Virus zu einem Befall wichtiger Schaltstellen in diesem Regelkreislauf. Die Situation verschärft sich, wenn Vitamin D Mangel herrscht. Die pro- entzündlichen Prozesse gewinnen die Oberhand, sodass die Erkrankung Fahrt aufnehmen kann. In der Folge kann es zu gravierenden Veränderungen in den Lungenbläschen kommen – mit entsprechenden Komplikationen. „Bei Verdacht auf eine Infektion sollte folglich zwingend der Vitamin D Status geprüft und Defizite rasch behoben werden“, gibt Prof. Wüster vor. Das gelte vor allem für Menschen mit Grunderkrankungen oder in Seniorenheimen. Vitamin D könne zwar COVID 19 nicht heilen, doch die körpereigene Abwehr unterstützen, weiß der Endokrinologe.
(1) Biesalski, Hans K.: Vitamin D deficiency and co-morbidities in COVID-19 patients – A fatal relationship? In: NFS Journal, Volume 20, 2020, S. 10-21.